Dietmar Wischmeyers Logbuch

Weihnachtsmarkt

Meine Name ist Dietmar Wischmeyer und dies ist das Logbuch einer Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten. Hier ist mein Bericht:

Die schönste Form Giftmüll und fauligen Abfall kostengünstig zu entsorgen ist und bleibt der Weihnachtsmarkt. Die zweibeinigen Endlagerstätten entrichten sogar noch einen strammen Obolus dafür, kontaminiert zu werden.

Ein Heiermann wird fällig für den Nullzweier Humpen Pinselreiniger mit Schuß, unverschämt Glühwein geheißen. Ein rücksichtsloser Menschenschlag köchelt zur Weihnachtszeit in allen Innenstädten eine ekelerregende Pestilenzbrühe zusammen, um die Wehrkraft des mittleren Angestellten zu unterhöhlen. In ganzen Heerscharen treibt sich diese Spezies zur besten Bürozeit auf den Giftmärkten herum, um sich - solange es noch geht - ins Lohnfortzahlungs-Nirwana zu saufen. Wessen Gedärm nach Lumumba und Jagertee immer noch nicht Feurio schreit, der kann beizeiten 'ne Pappschale Festbrennstoffe hinterherwerfen. Sehr beliebt und recht typisch für die traditionelle deutsche Weihnacht ist die Chinapfanne: Rübenblatt und Schredderschwein angedickt mit Flüssigküken.

Und noch nen Glühwein drauf, 98 Oktan in die Bahn. Da der weihnachtliche Mensch aber nicht nur frißt und säuft, gibt es auf den scharlachroten Schlachtfeldern auch noch was für's Herz. Der dolbyfreie Cassettenkoreaner verbreitet an jeder Schmurgelbude blödige Lametta-Beschallung, und an der Ecke hockt ein tapferes Männlein, das die Zimbel reibt oder sich mit Jingle Bells den Arsch zugeigt. Richtig rührend wird's aber erst, wenn der Gute Zweck den Zeigefinger hebt. Einmal Ponyreiten für Obdachlose, einmal was Nettes aus Wäscheklammern von unseren Freunden aus der Strafanstalt. Dazwischen stinkende, schreibunte Kerzen, die nur aus der Kreativschmiede eines Wahnsinnigen stammen können.

Aber jetzt erstmal 'n Glühwein. Mit Schuß? Oder nehmen wir mal'n Schneegestöber? Was'n das? Heißer Korn mit ausgeflocktem Hüttenkäse. Jedes Jahr was Neues, um die Widerstandskraft der Mägen zu brechen. Schon sind drei Viertel der Bevölkerung vollkommen immun gegen Glühwein
- eine beängstigende Entwicklung.
Wovon wollen diese Menschen fürderhin über die Blautanne reihern? Wäre da nicht die Phantasie der weihnachtlichen Mirakulixe, deutsche Menschen müßten sich unbekotzt von den Weihnachtsmärkten schleichen. Gott sei Dank: Noch ist es nicht soweit, noch werden in den Glühwein-Labors immer neue Rezepturen entwickelt, die aus einem an sich schon billigen Heißfusel einen noch billigeren Sickersaft für die Adventsdeponie erschaffen. Keiner würde seinem Auto je als Kraftstoff vorzusetzen wagen, was er ohne Bedenken seiner eigenen Maschine antut.

Doch merke: Solange es in Deutschland noch Menschen gibt, die Glühwein trinken und davon nicht auf der Stelle tot umfallen, müssen wir vor Aids und BSE keine Angst haben.



(Autor: Dietmar Wischmeyer)